In Billerbeck ist man einen Stufe weiter als in Lüdinghausen.
Manche würden jetzt sagen: Eine Stufe weiter unten, den die Stadt schlägt den freiwilligen Gang in die Haushaltssicherung vor.
Aber ist das so falsch? Auch Lüdinghausen kratzt hart an der Grenze zur Haushaltssicherung. Der Relevante Artikel ist §76 der Gemeindeordnung NRW ( GO NRW).....
--------------------------------------§ 76 GO NRW(Gesetz) - Landesrecht Nordrhein-Westfalen
Haushaltssicherungskonzept
(1) Die Gemeinde hat zur Sicherung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen und darin den nächstmöglichen Zeitpunkt zu bestimmen, bis zu dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt ist, wenn bei der Aufstellung des Haushalts
- 1.durch Veränderungen der Haushaltswirtschaft innerhalb eines Haushaltsjahres der in der Schlussbilanz des Vorjahres auszuweisende Ansatz der allgemeinen Rücklage um mehr als ein Viertel verringert wird oder
- 2.in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren geplant ist, den in der Schlussbilanz des Vorjahres auszuweisenden Ansatz der allgemeinen Rücklage jeweils um mehr als ein Zwanzigstel zu verringern oder
- 3.innerhalb des Zeitraumes der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung die allgemeine Rücklage aufgebraucht wird.
Dies gilt entsprechend bei der Bestätigung über den Jahresabschluss gem. § 95 Abs. 3.
(2) Das Haushaltssicherungskonzept dient dem Ziel, im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft die künftige, dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen. Es bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept hervorgeht, dass spätestens im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Haushaltsausgleich nach § 75 Abs. 2 wieder erreicht wird. Die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes kann unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden.
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Die 2. genannte Möglichkeit ist die für Lüdinghausen relevante: Sollte die Stadt ihr Eigenkapital in 2 aufeinander folgenden Haushaltsjahren um jeweils mehr als 5% verringern, ist ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufzustellen. Diese Bedingung gilt nicht nur rückwirkend, sondern auch für die mittelfristige Planung. Es reicht also beispielsweise aus, wenn die Stadt in 2013 und 2014 ein dementsprechendes Defizit plant, um ins HSK zu kommen.
Soll eine Haushaltssicherung vermieden werden, ist es also hilfreich (und legal), in der Planung einerseits optimistische, aber zumindest halbwegs realistische Einnahmen anzunehmen, anderseits die Ausgaben eher knapp zu kalkulieren und z.B. Bau- und Investitionsvorhaben eher zögerlich in den Haushaltsplan einzustellen.
Genau dies ist dieses Jahr auch in Lüdinghausen passiert:
Der Bürgermeister plant unter anderem, dass in den nächsten Jahren
- die Grundstücksverkäufe außerordentlich hoch sind (durchaus noch möglich)
- die Gewerbesteuer noch weiter steigt (schwieriger, da ohnehin hohes Niveau)
- die Schlüsselzuweisungen wieder langsam steigen ( .......)
Grundstücksverkäufe und Gewerbesteuer sind durchaus möglich, die Schlüsselzuweisungen allerdings werden kaum steigen. Nach Erlass des Landesinnenministeriums NRW ist der momentane Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) als bindend für aktuelle Planung anzusehen. In einer Modellrechnung des Ministeriums sagt das Land im nächsten Jahr weiter stark sinkende Zuweisungen voraus. Also nicht mehr, sondern weniger.
Bürgermeister Richard Borgmann allerdings verweißt auf persönliche Gespräche mit dem Innenminister Jäger, die darauf hindeuten würden, dass es nächstes Jahr mehr Geld gäbe. Er setze auf das Prinzip Hoffnung.
Hoffnung ist gut und schön, reicht aber manchmal nicht aus. Das Gesetz sagt hier, das die geltenden Erlasse und Gesetze maßgeblich für die Planung sind. Maßgeblich bedeutet, das es einen handfesten Grund geben muss, von etwas abzuweichen. Leider gibt es diesen hier nicht. So ist es meiner Meinung nach eine unzulässige Aufhübschnung der Finanzplanung, die möglicherweise ein HSK verhindert.
In der freien Wirtschaft nennt man sowas: Insolvenzverschleppung!
Auch bei den Ausgaben sieht es nicht besser aus:
In aller Munde ist der Bau der neuen Leistungssporthalle. Was sie kosten wird ist noch nicht so ganz klar, es wird sich zwischen 3 und 5 Millionen Euro bewegen. Im Rat ist auch der einhellige Wille geäußert worden, die Halle zu planen und zu bauen. Auch eine erste Kostenindikation besteht dank des Architektenwettbewerbs. Die Sporthalle ist damit ein Bau- und Investitionsvorhaben, was in die mittelfristige Finanzplanung gehört. Nur: Sie steht nicht drin.
Lediglich Planungskosten in Höhe von 250.000€ sind verzeichnet, von einem Bau bis 2015 steht da nichts. Der Bürgermeister sagt dazu, die Kosten und der Baubeginn ließen sich noch nicht abschätzen, daher fehle das. Aber ist das nicht bei allen geplanten Maßnahmen so? Ist nicht die entgültige Höhe der Baukosten immer unklar? Wurde nicht versprochen, in 2 Jahren mit dem Bau zu beginnen?
Hier ist erneut der Hintergrund, dass diese absehbare Baumaßnahme die Finanzplanung äh....destabilisieren würde. Also: verzichten wir doch darauf.
Wagen wir wieder den Blick in die Wirtschaft: Es hat Grund und Sinn das es dort die Insolvenz gibt. Sie ist nicht nur zur Abwickelung eines Betriebs vorgesehen, sondern auch zum restrukturieren, und ist in diesem Aspekt mit der Haushaltssicherung vergleichbar. Eine Insolvenz ist schmerzhaft, ja. Aber sie bietet Chancen. Chancen für eine Neuausrichtung der Verwaltung, zum Überdenken von Strukturen die sich über die Jahre verfestigt haben. Und: Chancen für einen Neustart.
Bei einer Insolvenzverschleppung allerdings heißt es immer nur : "Weiter so". Bis der Karren aus dem Dreck auch nicht mehr rauszukriegen ist. Ist der Karren in Lüdinghausen schon entgültig festgefahren? Ich hoffe und glaube nicht. Aber momentan sieht es nicht so aus, als würden wir uns wirklich dagegen stemmen.
So gesehen ist Billerbeck eine Stufe weiter, allerdings auf der Leiter nach oben. Denn wie heißt es so schön:
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt auf dem Weg der Besserung
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